von Georg Zeltner aus der Chronik „700 Jahre Dietersdorf

Zwei Gotteshäuser in einem so kleinen Ort mögen ein friedliches Nebeneinander zweier Konfessionen symbolisieren. In Dietersdorf
stehen sie als Zeichen für ein helfendes Miteinander. Das gute Einvernehmen geht schon zurück auf die Zeit vor der Erbauung der katholischen Filialkirche. So nimmt auch die evangelische Gemeinde an der Freude der Katholiken über „ihr” Jubiläum Anteil.

Ursprünglich lebten hier kaum katholische Christen. Erst im Laufe des letzten Weltkrieges hat es verschiedene Familien hierher verschlagen, die in den Bombennächten Hab und Gut verloren hatten. Sie scheuten den Weg bis zur nächsten katholischen Kirche in Reichelsdorf nicht, um dort am kirchlichen Leben teilzunehmen. Die Lage veränderte sich grundlegend, als nach
dem Kriege zahlreiche Heimatvertriebene in Dietersdorf und Wolkersdorf Aufnahme fanden, zum Teil schon sehr betagte Leute.

Als darunter dann auch ein Priester war, wurde zunächst im Wohnzimmer eines Privathauses (bei den Geschwistern Zachmann) die Sonntagsmesse gefeiert. Da bald der Platz nicht mehr ausreichte, stellte die evangelische Gemeinde ihr Gotteshaus zur Verfügung. So wurde der katholische Gottesdienst abwechselnd in der evangelischen Kirche und in einem Gasthaussaal zelebriert. Welche Lasten die Frauen, die den Mesnerdienst versahen, hin und her schleppen mussten, kann heute wohl kaum noch jemand ermessen.

Wie glücklich war man daher, als im Jahr 1953 Domkapitular Dr. Alois Brems, späterer Bischof von Eichstätt, hoch über dem Ort den Grundstein für die neue Kirche legte! Im Sommer des Jahres 1954 konnte dann die feierliche Konsekration erfolgen. Namenspatronin wurde die hl. Hedwig, die Patronin Schlesiens. Sie war Stifterin vieler Kirchen und Klöster und hatte damit wesentlichen Anteil an der Germanisierung und Kultivierung Schlesiens.

Jahrelang war nun St. Hedwig in Dietersdorf das Gotteshaus für die Katholiken der Gemeinde Wolkersdorf. Doch das rasche Anwachsen von Wolkersdorf machte dort den Bau einer größeren Kirche notwendig. Damit büßte zwangsläufig das Dietersdorfer Kirchlein an Bedeutung ein. Aber ein Gottesdienst in der Woche wird in Form einer Vorabendmesse immer noch gefeiert. Dazu versammeln sich Gläubige aus der gesamten Pfarrei und teilweise sogar von auswärts.

Auf den ersten Blick hat es den Anschein, die Jahre seien an dem Kirchlein ohne größere Spuren vorbeigezogen. Aber es sah die Menschen kommen und gehen. Viele wurden vom Klang des Glöckleins zu ihrer letzten Ruhestätte auf dem Friedhof der evangelischen Kirchengemeinde begleitet. Gar manches Ehepaar denkt gerne an seine kirchliche Trauung hier in familiärer Atmosphäre zurück. Eltern werden es ihren Kindern später erzählt haben, wenn sie in dieser Filialkirche getauft wurden.

Doch die äußeren Verhältnisse haben sich inzwischen verändert. Dieses Gotteshaus würde heute wohl nicht mehr gebaut werden. Durch Neuansiedlungen steigt zwar auch der Anteil der Katholiken (derzeit sind es 157) an der Einwohnerzahl, doch sind Auswirkungen auf den Gottesdienstbesuch nicht erkennbar. Erfreulich ist dagegen die Zusammenarbeit mit der evangelischen Gemeinde. Neben verschiedenen Gelegenheiten gemeinsamer Planung und Gestaltung ökumenischer Veranstaltungen ist als Höhepunkt die alljährliche Johannisfeier mit einem Wortgottesdienst vor der Kirche schon zur Tradition geworden. Dabei wirken neben den Geistlichen beider Konfessionen der evangelische Posaunenchor und der katholische Kirchenchor Wolkersdorf mit. Beim anschließenden gemütlichen Beisammensein trifft sich die Dorfgemeinschaft von Dietersdorf mit der Pfarrgemeinde Heilige Familie Reichelsdorf in froher Runde am Johannisfeuer.

Es trifft sich ganz zufällig, dass der 50. Jahrestag der Weihe von St. Hedwig zeitlich in das 700-jährige Jubiläum der Kirchengemeinde Dietersdorf fällt. Die katholische Pfarrei Heilige Familie freut sich mit den Dietersdorfern und wird das Weihejubiläum von St. Hedwig am Samstag, den 24. Juli 2004 mit einer feierlichen Vorabendmesse begehen.


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