Der Allerseelen-Altar
von Walter Dummert aus der Chronik „700 Jahre Dietersdorf“
Der 1715 bei einer Generalsanierung aus der Schwabacher Stadtkirche wahrscheinlich (so jedenfalls nach H. Reber „Ein Schwabacher Altar in Dietersdorf” in Evang. Gemeindeblatt Schwabach Sept. 1967) nach Dietersdorf als Filialkirche exportierte Altar der Schwabacher Allerseelenbruderschaft kam in der Vierung des ursprünglich mit alten Fresken ausgestalteten Turms der St. Michaelskirche als relativ schmaler Flügelaltar zu stehen.
Die neue, von dem Nürnberger Architekten Jakob Pfaller geplante Georgskirche scheint von vornherein sich in ihrer Dimensionierung an dem Altar in seiner heutigen Gestalt orientiert zu haben. Bewusst wurden die Flügel nebeneinander gestellt und die Predella (Unterbau) erweitert, so dass heute die inneren Bilder Szenen aus der Passionsgeschichte, die äußeren Heiligendarstellungen zeigen.
Auf der Rückseite sind auch bei einer grundlegenden Restaurierung in den Jahren 1993/94 nur noch Schemen früherer Bilder erkennbar geworden, so dass sich Restaurator Oellermann, dem als anerkannten Fachmann auch die Kunstschätze von St. Lorenz und St. Sebald in Nürnberg zur Erhaltung anvertraut sind, dazu entschloss, die späte Malerei mit der Darstellung der vier Evangelisten wiederherzustellen.
Bei dem Versuch eines Nachweises, dass der Dietersdorfer Altar aus der Stadtkirche Schwabach kommt (den H. Reber aufs Ganze nachvollziehbar geführt hat), bleibt lediglich seine Behauptung gewagt:
„Bereits 1489 war der Altar an der zweiten nördlichen Säule des Mittelschiffs (gemeint ist: der Stadtkirche Schwabach) aufgestellt und allen heiligen Engeln, besonders St. Michael und den gläubigen Seelen geweiht worden.” Oellermann stellte nämlich durch Holzuntersuchung fest, dass der Altar mit Sicherheit erst zwischen 1504 und 1510 entstanden sein könne. Möglicherweise wurde er zwar 1489 gestiftet, aber erst später gefertigt. Neben der Darstellung Jesu als auf dem Himmelsbogen thronenden Weltenrichter mit den Symbolen Schwert (Gericht) und Lilie (Gnade), die zu einem späteren Zeitpunkt wohl seitenverkehrt angebracht wurden, finden sich Posaunenengel, die nach der Offenbarung Johannis das Weltgericht ankündigen. Sie dürften der Anlass zu der ungewöhnlichen Turmzierde und Wetterfahne eines vergoldeten Posaunenengels gewesen sein.
Besonders schön wirkt auch heute noch das vergoldete filigrane gotische Sprengwerk im oberen Schreinbereich. Maria, die Mutter Jesu zur Linken und Johannes der Täufer, der Mittler zwischen altem und neuem Bund zur Rechten blicken kniend zu dem Weltenrichter auf, zu dessen Füßen man die Erde als blauen Planeten sieht.
Die Passionsdarstellungen der Altarflügel erscheinen in ihrer Realistik sehr eindringlich und dürften der Donauschule (Altdorfer-Schule) entstammen. Deutlich sichtbar sind die Stifterfiguren mit ihren Wappen des markgräflichen Münzwardeins Martin Radeck und seiner Frau Anna von Kühedorf. An den Außenseiten der Flügel ebenso wie in der Predella findet man in Franken bekannte Heiligenfiguren.
Zum Altar schon immer gehörig, aber wohl ursprünglich frei auf ihm stehend, sind die beiden Engelsfiguren und – eine hervorragende eindrucksvolle Schnitzarbeit – die Darstellung des Erzengels St. Michael mit dem erhobenen Schwert und zu seinen Füßen dem in Ketten gelegten Satan, ein Abbild des Ostersiegs, des Sieges des Guten über den Bösen, der sich auch im Sandsteinrelief vom Ritter Georg und dem Drachen an der nordwestlichen Außenmauer der Kirche thematisch wiederfindet.